Donnerstag, 2. Februar 2017

Was ist Neurofeedback

Was Neurofeedback ist und auf welche Grundlagen es sich stützt.
Biofeedback wird ein Verfahren genannt, bei dem technische Geräte dem Klienten psychophysiologische Prozesse spiegeln, die diesem normalerweise nicht bewusst sind, um diese der willkürlichen Steuerung durch den Klienten zugänglich zu machen. (George Fuller, 1984).
Mit dem Präfix Bio ist die Biologie gemeint, die alle dynamischen Prozesse beschreibt, die unaufhörlich in unserem Körper ablaufen.  Das Gehirn mit mehr als 100 Millionen Neuronen organisiert die Dynamik dieser Abläufe. Die Nerven transportieren die Botschaften des Gehirns in jeden Winkel des Körpers. Durch Neurotransmitter, Neuromodulatoren und Neurohormone kann jede Zelle des Körpers vom Gehirn beeinflusst werden. Wenn sie dem Gehirn Informationen zur Verfügung stellen, beeinflussen sie das ganze System. Der Begriff Biofeedback meint im Grunde, Informationen dem Ort zur Verfügung zu stellen, von dem die beobachteten Bio Signale ursprünglich verursacht werden.
Ein Beispiel ist das Herz-Raten-Variabilitäts Training, eine Form des Biofeedback,. Wenn das Herz schneller schlägt, gibt es eine Ursache im autonomen Nervensystem, die diese Beschleunigung verursacht. Der Sympathikus wird aktiviert. In unserem Körper existiert immer ein Gleichgewicht zwischen Antrieb und Bremse, zwischen Beschleunigung und Verlangsamung. In unserem Beispiel bedeutet Verlangsamung eine Minderung des symphytischen Einflusses, der beschleunigend wirkte. Das parasympathische System, speziell der Vagus Nerv, der Verbindungen zu fast allen inneren Organen hat, übernimmt die Kontrolle und verlangsamt den Herzschlag wieder
Um ein solches Biofeedbacktraining durchzuführen benötigt man technische Hilfsmittel, die die Herz Raten Variabilität messen und diese dem Klienten in Echtzeit spiegeln. Das Feedback übernimmt die Aufgabe, dem Klienten die Vorgänge im eigenen Körper durch auditive oder visuelle Signale zu spiegeln.
Biofeedback ist mehr als ein passives Beobachten von Messergebnissen. Es beinhaltet eine aktive Beteiligung des Klienten. Biofeedback hat das Ziel, dass der Klient lernt, seine eigene Physiologie zu steuern. Deshalb lautet der gängige Begriff, der diese Verfahren beschreibt, angewandte Psychophysiologie.
EEG Biofeedback (oder Neurofeedback) basiert auf zwei Tatsachen. Zuerst einmal darauf, dass die elektrische Aktivität des Gehirns – gemessen im EEG – Bewusstseinszustände spiegelt und darauf, dass man die elektrische Aktivität und damit die damit zusammen hängenden Bewusstseinszustände trainieren kann. Die elektrische Aktivität des Gehirns kann gemessen und auf einem Computerbildschirm fast in Echtzeit (50-100 ms ) dargestellt werden. Auf dem Computerbildschirmen werden Wellenlinien gezeigt. Die meisten Menschen kennen das EKG, das der Arzt schreibt, um die Herzaktivität zu messen. Das EEG ist ähnlich nur wesentlich weniger gleichmäßig. Es sieht ein wenig aus wie die gekräuselte Oberfläche eines Sees. Was wir beobachten ist eine Mischung verschiedener Wellenformen: da sind schmale, kurze Wellen mit niedriger Amplitude und nur wenig Kraft oder Power, wie sie ein leichter Wind auf der Oberfläche des Wassers verursachen würde, und zwar mit hoher Frequenz, während größere Wellen, (höhere Amplitude und mehr Power) die den Wellen, die von einem großen F-ährschiff verursacht werden, ähneln, mit eher langsamerer Frequenz auftauchen. Die kleinen Wellen auf der Oberfläche eines Sees ändern Amplitude und Frequenz mit jedem über das Wasser streichenden Windstoß, deshalb laufen sie desynchron. Die größeren Wellen erscheinen hingegen regelmäßiger und in einer gewissen Synchronizität. Wir haben bereits angemerkt, dass es unterschiedliche Auslöser der verschiedenen Wellenformen gibt: das Fährschiff und den Wind. Tatsächlich könnten wir uns auch ein kleineres Motorboot vorstellen, das an uns vorbeifährt und eine regelmäßige, synchron aussehende Welle mit einer ein wenig erhöhten Frequenz und erheblich weniger Kraft als die von der Fähre verursachten Wellen, erzeugt. Die kleinen Wellen können auf großen, in der Tiefe abrollenden Wellen aufgesetzt erscheinen, aber die Oberfläche des Sees ist immer in Bewegung.  Diese Analogie zur Wasseroberfläche sollte man im Gedächtnis behalten, während man das EEG beobachtet.
Auch die EEG Wellen haben unterschiedliche Auslöser oder Generatoren ( Kortex/Thalamus) und sind von deutlich unterschiedlicher Frequenz. Das Roh EEG beinhaltet alle unterschiedlichen Frequenzen in einer einzigen Wellenlinie, wobei schneller Wellen oft auf langsamere Wellen aufgesetzt erscheinen.
EEG Biofeedback beinhaltet die Aufzeichnung dieser elektrischen Hirnaktivität durch Elektroden, die auf der Kopfhaut aufgesetzt werden, und die das gemessene EEG auf einem Computerbildschirm darstellen. Wenn der Klient seinen Bewusstseinszustand ändert, verändern sich auch die gemessene elektrische Aktivität des EEG. Der Klient erkennt die Veränderung auf Grund der unterschiedlichen Feedbacks, zu denen das Neurofeedbacksystem die gemessene Information umwandelt. Er soll nun versuchen, seine Hirnwellenaktivität so zu verändern, dass ein vordefiniertes Ziel erreicht wird. Auf diese Art und Weise erlernt der Klient Selbststeuerung. Es findet eine erlernte Normalisierung des EEG statt (Sterman)
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass moderne Elektronik und schnelle Rechner es möglich gemacht haben, EEG Wellen so umzuwandeln,  dass sie in allen Variationen als Grafiken auf einem Computerbildschirm erscheinen. Das Erlernen der Fähigkeit, die auf dem Computer sichtbaren Feedbacks zu verändern, bedeutet, dass der Klient gelernt hat, sein EEG zu steuern. Die Beherrschung der Selbststeuerung des eigenen EEG ist aber damit gleichzusetzen, dass man gelernt hat, die Gemütszustände, die durch die EEG Wellen gespiegelt wurden, zu verändern. Wenn das EEG Veränderungen in Thalamus-basalen und Ganglia-kortikalen Prozessen bedeutet, dann erlernt die Person in Wahrheit die Beherrschung dieser komplexen neuronalen Systeme.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass eine positive Verstärkung eines erwünschten Verhaltens zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Wiederholung dieses Verhaltens führt (Edward Thorndikes: Gesetz der Auswirkung – Law of effect)
In unserem Falle belohnen wir die Produktion erwünschter Hirnfrequenzen. Die Belohnung besteht aus einer Erfolgsmeldung, die durch auditive oder visuelle Signale, die von einem Computer erzeugt werden, gegeben wird. Die Belohnung eines Verhaltens (oder einer Reihe von neurophysiologischen Reaktionen) führt zu einer stufenweise Veränderung oder einem Shaping der Frequenzanteile der Sequenz, die in einer  Anhebung der erwünschten Frequenzen innerhalb dieser Sequenz gipfelt, die wiederholbar ist. (Sterman, 2000) Dieses Shaping wird erzeugt durch einen Vorgang, den man operantes Konditionieren nennt.
Der Terminus Operantes Konditionieren sollte ursprünglich die Tatsache wiederspiegeln, dass das konditionierte Verhalten zu einer Abfolge von erlernten Reaktion führte, die eine  Aktion auslösten oder eine  das Umfeld betreffende Handlung initiierten. Technische Fortschritte zeigten, dass innere Veränderungen wie etwa die der Hauttemperatur oder des Herzschlages auf diese Art und Weise erlernt werden konnten. Von außen kommende Belohnungen waren also in der Lage, physiologische Veränderungen im Körper zu verursachen (Sterman, 2000) Damit wurde klar, dass Veränderungen nicht mehr allein vom äußeren Umfeld bedingt waren. Es bedurften einer neuen Bezeichnung für diese Verfahrensweise. Nach längerer Diskussion in den 60 er Jahren des letzten Jahrhunderts, wurde dafür schließlich der Begriff Biofeedback verwendet.
Wenn wir das Verhalten von Neuronenverbänden das wir im EEG erkennen, belohnen, benutzen wir den Begriff EEG Biofeedback oder Neurofeedback. Die Tatsache, dass das EEG Biofeedback signifikante und dauerhafte physiologische Veränderungen initiieren kann, wurde bereits in den frühen 70 er Jahren des letzten Jahrhunderts dokumentiert. (Review by Barry Sterman, EEG Markers for Attention Deficit Disorder: Pharmacological  and Neurofeedback Applications. Child Study Journal, Vol. 30, No. 1, 2000).

Biofeedback ist keine neuartige Behandlungsform. Biofeedback ist ein universaler, natürlicher, biologischer Prozess. Ein einfaches Beispiel dafür ist das Erlernen des Fahrrad Fahrens. Wenn ein Kind sieben oder acht Jahre alt ist, ist es in der Lage, das Fahrrad Fahren in einer halben Stunde zu erlernen, das Fahrrad über den Winter abzustellen, um es dann im Frühling weiter zu fahren, als habe es das Fahrrad fahren schon immer beherrscht. Wie ist so etwas möglich? Die Antwort lautet: durch natürliches Neurofeedback. Anstelle eines Biofeedbackgerätes, das ein Trainer oder Therapeut einsetzt, besitzen wir eines, das zu unserem Körper gehört, und zwar in diesem Falle im Innenohr, genauer, im vestibulären System. Dieses besitzt eine gallertartige Flüssigkeit in den Kanälen der Schnecke, die Bewegungen des Kopfes in jede Richtung registriert. Diese Informationen über die Lage werden dem Gehirn über die Hörbahnen unentwegt zugeführt, ebenso wie die beim Neurofeedbacktraining generierten Feedbacks über die visuellen und auditiven Kanäle vom Gehirn empfangen werden. Das Gehirn registriert die eingehenden Daten und koordiniert die Muskelgruppen noch ehe das Bewusstsein in der Lage ist, eine von ihm selbst gesteuerte Bewegung zu gestalten. Als Resultat beherrscht das Kind das Fahrradfahren wie von selbst. Diese Art des Lernens ist eine Art inneres Neurofeedbacktraining. Andere Wege Bewusstseinszustände und damit Hirnfunktionen unter Kontrolle zu bekommen werden seit Jahrhunderten praktiziert, etwa Yoga, Meditation oder Kampfsport.

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