Donnerstag, 11. August 2016

Parietallappen, Funktion, Lage, Erkrankungen, überarbeitete Version

Parietal Lappen




Einleitung

Brodmann Areale unter Pz, die von einem Neurofeedbacktraining beeinflusst werden können, umfassen: BA 7, somatosensorischer Kortex und Arbeitsgedächtnis, BA 31, posteriorer cingulate Gyrus, sowie die BAs 23, 26 sowie 28, die medial liegen und in sagittalen Schnitten der cerebralen Hemissphären sichtbar werden. BAs 26 und 28 sollten, auf Grund ihrer Lage, mittels LORETA Neurofeedback trainiert werden.

Anatomische Grenzen

Der Parietallappen wird durch 4 anatomische Grenzen bestimmt: der zentrale Sulcus (Rolando Spalt) trennt den Parientallappen vom Frontallappen; der parieto-occipitale Sulcus (Sylvian Spalt) ist die laterale Grenze zum Temporallappen, die mediale longitudinal Spalte trennt beide Hemissphären und damit beide Hälften des parietalen Kortex.

Unmittelbar posterior vom zentralen Sulcus befindet sich der postzentrale Gyrus, der der anteriorste Teil des Parietallappens (Brodmann Areal 3) ist: das sekundäre somatosensorische kortikale Areal. Der postcentrale Sulcus trennt diese Region vom posterioren parietalen Kortex. Er befindet sich direkt posterior zum centralen Sulcus in der Grafik aus  Gray’s Anatomy.

Aus Grays Anatomie (1918). Diese Zeichnung zeigt den zentralen Sulcus.


Funktionen

Der Parietallappen spielt eine wichtige Rolle bei der Integration von sensorischen Informationen, die von äußeren Reizen oder von verschiedenen Regionen des Körpers kommen. Er ist wichtig, um Zahlen und deren Beziehungen zu erkennen. Rechtsseitig im NDH wird die Bewegung von Objekten im Raum und die Lokalisierung des "Selbst" in Relation zu anderen Objekten wahrgenommen. Diese Areale können die Lage von Objekten enkodieren. Obwohl im Grunde multisensorisch wird der posteriore parietale Kortex als die dorsale Sehbahn beschrieben (gegenläufig zur ventralen Bahn in den Temporallappen). Diese dorsale Bahn wurde als “Wo” Strom (in der räumlichen Wahrnehmung) und als „Wie“ Strom (beim Beobachten von Ereignissen) bezeichnet. Das ventrale intraparietale (VIP) Areal erhält Input von verschiedenen Sinneskanälen (visuell, somatosensorisch, auditiv und vestibulär)

Die Neuronen des medialen intraparietalen (MIP) Areals sind Bestandteil der zentralen Mittellinien Strukturen (CMSs) und, weiter dorsal gelegen, könnten sie noch stärker beteiligt sein an der Integration und Synthese einkommender sensorischer Informationen und bei der Weitergabe dieser Informationen zu den temporalen und frontalen Kortices. 

Das anteriore intraparietale Areal (AIP) enthält Neuronen, die Schatten, Größe und Form von berührten Objekten erkennen, aber auch die Bewegung der Hände. Diese Region reagiert auf beobachtete und erinnerte Stimuli. Sie besitzt die notwendigen Verbindungen zum Frontallappen und den frontalen Augenfeldern so dass die zielorientierte Handlung bei Augenbewegungen beigehalten werden kann. Es wird ebenso vermutet, dass sowohl das linke als auch das rechte parietale Neuronensystem eine Rolle bei der Selbsttranszendenz spielen, die vermutlich eine Prädisposition zur Spiritualität anzeigt.

Der Parietallappen ist in zwei Hemissphären geteilt – eine Rechte und eine Linke. Die linke Hemissphäre ist bei Rechtshändern wichtiger und ist beteiligt an Symbolerkennung in Sprache und Mathematik. Der rechte Parietallappen ist für echte Linkshänder bedeutsam, und ist spezialisiert auf das Erkennen von Bildern und das Verstehen und Lesen von Karten. Das sind Funktionen die für die Wahrnehmung und Speicherung räumlicher Beziehungen zuständig sind. Der parietale Assoziationskortex ermöglicht es uns zu lesen, zu schreiben und mathematische Probleme zu lösen. Die sensorischen Inputs der rechten Seite wandern zur linken Seite des Parietallappens und die der linken Seite zur rechten.

Verletzungen des rechten Parietallappens können dazu führen, dass man die Fähigkeit verliert, räumliche Beziehungen zu visualisieren oder sie sich vorzustellen. Das war auch eines der Probleme der 44 Jahre alten Frau, die in jungen Jahren eine Hirnhautentzündung gehabt hatte, und von der bereits berichtet wurde. Extreme Beschädigung dieser Region führt zu einem Neglect des linken Wahrnehmungsfeldes und der gesamten linken Körperseite. Dabei wird diese Person den Verlust nicht einmal bemerken und diese Störung wird Anosognosia genannt. Auch beim Zeichnen wird das Fehlen der linken Seite auftreten. Eine neue Behandlungsmethode dieser Störung ist die Spiegeltherapie, bei der ein Spiegel dem Gehirn die fehlende Seite vorgaukelt, so dass das Gehirn doch nach Wegen sucht, diese Seite zu integrieren oder zu bewegen.  

Schäden des linken Parietallappens führen zu verschiedenen Problemen, inklusive Problemen beim Rechnen, Lesen Schreiben und dem Verstehen von Symbolen. Eine Beschädigung der linken Seite des Parietallappens wird aber nicht zu einem Neglect der rechten Seite der Körpers oder Raumes führen.

Kortikaler Informationsfluss

Es gibt beachtliche Hinweise darauf, dass der gesamte Kortex in zwei funktionale Bahnen geteilt ist: einen occipital-parietal-frontalen Pfad der “Wo” Prozesse für das Individuum generiert und einen occipital-temporal-frontalen Pfad, der “Was” Prozesse für das Individuum generiert. (Ungerleider and Mishkin, 1982, in Kim & Robertson, 2001).










File:Gray727.svg
Gray’s Anatomy (1918)
Gray’s Anatomy (1918), midsagittal section





Parietal Lobes, Dorsal Lateral Aspect

BA 7; BA 7:

Pz:

Somatosensory Association Cortex


                      BA 7                                                        BA 7
   






Dorsale und laterale Aspekte von BA 7
Der somatosensorische Assoziations Kortex ist ein Schlüsselareal des Default Netzwerks Er besitzt neben motorischen Funktionen Erinnerungs-, Aufmerksamkeits-, und Verständnis Funktionen (emotional). Er ist an der Schmerzwahrnehmung beteiligt. In der nicht dominanten Hemissphäre, ist er von Bedeutung für die bewusste Wahrnehmung räumlich visueller Ereignisse und für das Verstehen von Emotionen. Er hat Bedeutung für das Arbeitsgedächnis und das Verstehen. Er ist beteiligt an der räumlich-visuellen Koordination (Greifen nach Objekten) und der Bewegung beider Hände.

In der dominanten (linken Hemisspähre) enthält dieses Areal verschiedene Netzwerke, die an solchen Funktionen wie dem verbalen Verstehen, dem episodischen Gedächtnis, der Handschrift, dem Buchstabieren, der Sprache, der Vorstellungskraft, dem Schwenken der Aufmerksamkeit, sowie dem Benutzen von Werkzeugen beteiligt sind.
In der nicht dominanten (rechten) Hemissphäre hat dieses Areal Anteil am Verstehen von Emotionen, Gesten, Nuancen und Anspielungen. Es ist wichtig für das räumlich visuelle Verständnis inklusive der Aufmerksamkeit, dem geistigen Perspektivenwechsel, dem räumlichen Sehen und Urteilen oder Einschätzen von visuellen oder räumlichen Aspekten in Zeichnungen oder in der realen Umgebung. Diese Region ist auch wichtig für das räumlich-visuelle Gedächtnis.

In beiden Hemissphären ist der superiore Parietallappen an der Rhythmuserkennung, semantischen Kategorisierungen, der Lokalisation von Berührungen und dem Erkennen von zeitlichen Zusammenhängen beteiligt, während der inferiore Parietallappen eher an der Wahrnehmung und Einordnung taktiler Reize beteiligt ist. In beiden Hemissphären sind Spiegelfunktionen vorhanden, die wichtig sind, um das Bewegen und Benutzen von Objekten und Werkzeugen zu erlernen. Läsionen können zu einer ideomotorischen Apraxie führen (Unfähigkeit gesteuerte, zielgerichtete Bewegungen durchzuführen - unabhängig von Schwäche, Paralyse, einer Koordinationsschwäche oder einem Verlust sensorischer Fähigkeiten -) Läsionen können auch zu  einer Astereognosie führen. Das ist eine taktile Agnosie, bei der die Person unfähig wird, gewöhnliche Objekte durch Betasten zu erkennen – wenn das Objekt also nicht sichtbar ist. Wie viele der bisher besprochenen Regionen ist auch diese Region Teil der Netzwerke des Arbeitsgedächtnisses für motorische, verbale, visuelle, auditive und auch für emotionale Funktionen und ist beteiligt an der bewussten Erinnerung an gemachte Erfahrungen. Diese Region ist ebenso ein Bestandteil der Netzwerke (die den anterioren cingulate Kortex beinhalten) die für die Schmerzerkennung zuständig sind.

Wichtig für Neurofeedbacktherapeuten ist, dass dieses Areal in der NICHT DOMINANTEN Hemissphäre am Aufmerksamkeitsnetzwerk beteiligt ist, insbesondere an dem Teil, der visuelle und motorische Aufmerksamkeit verlangt.

Syndrome, die mit Funktionen des Parietallappens zusammen hängen

Die im Folgenden aufgeführten Syndrome sollen dem NFB Therapeuten helfen, die durch das NFB Training über parietalen Regionen beinflussbaren Funktionen besser zu verstehen. Das ist der einzige Grund, warum diese oft sehr seltenen Syndrome hier aufgeführt werden. Der Neurofeedbacktherapeut muss sie nicht unbedingt kennen. Bitte achten sie aber auf die Symptome, die mit Schäden an den geschädigten Arealen einhergehen.

BAs 40 und 39 DH: 

Gerstmann Syndrome

Ein Gerstman Syndrom wird mit Läsionen im dominanten (gewöhnlicherweise linken) Parietallappen in Verbindung gebracht. Dieses Syndrom wird durch 4 primäre Symptome charakterisiert:
Dyspraphie/Agraphia: Unfähigkeit zu schreiben.
Dyskalkulie/Akalkulie: Schwierigkeit Mathematik zu erlernen oder zu verstehen
Finger Agnosie: Unfähigkeit, die Finger der Hand zu unterscheiden.
Links-Rechts Unterscheidungsprobleme

Die Läsionen, die eines oder mehrere dieser Symptom verursachen, liegen im angularen oder supramarginalen Gyri in der Nähe der Verbindung zwischen Temporal- und Parietallappen. Dysfunktionen können nach einem Schlaganfall oder einer TBI auftreten. Zusätzlich zu den oben aufgeführten Symptomen zeigen manche Erwachsene auch noch eine Aphasie, also ein Problem sich sprachlich auszudrücken und Sprache oder Geschriebenes zu verstehen. Oftmals sind Schreiben und Lesen betroffen.
Bei Kindern könnten die mit dem Syndrom zusammen hängenden Symptome entwicklungsbedingt sein, sie bleiben aber in den meisten Fällen bis zum Schulbeginn und dem einsetzenden Lese- und Mathematik Unterricht unentdeckt. Wie zu erwarten zeigen die Kinder Probleme der Handschrift und bei Buchstabieraufgaben und sie haben Probleme beim Rechnen, sowohl in der Addition, Subtraktion, Multiplikation als auch bei der Division. Sie zeigen Unterscheidungsprobleme zwischen rechts und links und haben außerdem Schwierigkeiten einzelne Finger zu unterscheiden. Zusätzlich zu den vier Hauptsymptomen des beschriebenen Syndroms leiden diese Kinder an konstruktiver Apraxie und sind unfähig einfache Zeichnungen zu kopieren. Dazu kommen noch erhebliche Leseschwierigkeiten. Sowohl Kinder mit guten oder sogar sehr guten intellektuellen Fähigkeiten als auch Kinder mit Hirnschädigung können solche Symptome zeigen.

BA 7, Lateraler Aspekt

Bálint Syndrome
Das  Balint Syndrom wurde 1909 nach dem Österrreich-Ungarischen Neurologen Rezső Bálint benannt. Es wird mit bilateralen parietal – occipitalen Läsionen in Verbindung gebracht. (Ropper, Allan, Brown, Robert, 2005). Menschen, die an diesem Syndrom leiden, haben Schwierigkeiten, das visuelle Feld als Ganzes zu erfassen. (Simultanagnosia)). Die Fixation der Augen fällt ihnen schwer (okulare Apraxie), und sind nicht in der Lage, ihre Hand, rein visuell gesteuert, zu einem spezifischen Objekt zu bewegen. (optische Ataxie). Die optische Ataxie betrifft das Greifen nach Objekten in dem visuellen Feld, das der Schädigung des Parietallappens gegenüber liegt.
Weil Simultanagnosie die Unfähigkeit ist simultane Ereignisse oder Objekte in einem visuellen Feld zu erkennen, erfassen Menschen mit Balint Syndrom die Welt als eine Abfolge von Einzelobjekten und nicht als ein Ganzes oder als eine („Gestalt“) einer Situation. Es handelt sich um ein spezielles Defizit der Aufmerksamkeit. Eine Besserung der Simultanagnosie besteht darin, die Bedeutung einer umfassenden Szene zu verstehen, also darin, das sehr begrenzte Aufmerksamkeitsfeld zu erweitern. Die Simultanagnosie ist ein visuelles Defizit, das die Erfassung verschiedener Aspekte der visuellen Wahrnehmung beeinträchtigt, um die Fähigkeit, einzelne Objekte erkennen zu können, zu bewahren. Es wird einer betroffenen Person schwer fallen, ein Objekt geistig loszulassen, das sie einmal erfasst hat, um zur Erfassung anderer Objekte zu schwenken oder es fällt ihr schwer, die Bedeutung des ersten Objekts im Sinn zu behalten, während das zweite Objekt erkannt werden soll. Der Patient sieht seine Welt somit in einer gestückelten, punktuellen Art und Weise.

Okulare Apraxie
Apraxie ist gekennzeichnet durch die Unfähigkeit, vertraute Bewegungen auf Aufforderungen hin auszuführen. Wie bereits beschrieben, verstehen Menschen mit Apraxie, was man von ihnen will und sie möchten das Gewünschte auch tun, sie sind aber körperlich nicht dazu in der Lage. Bei der optischen Apraxie besteht die Schwierigkeit darin, willentlich Augenbewegungen zu steuern und einen bestimmten Punkt anzuvisieren. Das häufigste und einschränkendste Defizit ist der unilaterale räumliche Neglect. Dieser Neglect stellt sich als Verzerrung der räumlichen Repäsentationen und der Aufmerksamkeit auf der Läsionsseite dar, wobei die gegenüberliegende Seite ignoriert wird. Das wurde bereits bei Dysfunktionen des rechten Parietallappens beschrieben. Zusätzlich gibt es Störungen der Raum Repräsentationen nach traumatischer Schädigung des rechtsseitigen Parietallappens.
Optische Ataxie ist die Unfähigkeit, die eigene Hand visuell gesteuert zu einem Objekt zu lenken. Die Problematik darf dabei nicht durch motorische oder somatosensorische Störungen oder Störungen des visuellen Feldes oder der Sehschärfe erklärbar sein. Die optische Ataxie ist eines der Phänomene, die beim Balint Syndrom zu beobachten sind, wobei sie charakterisiert wird durch eine beeinträchtigte visuelle Kontrolle der  Armbewegung zu einem visuell erfassten Ziel, begleitet von einer fehlerhaften Handwahrnehmung und Greifhaltung. Es handelt sich um eine spezifisch visuomotorische Störung, die unabhängig von fehlerhafter Raumwahrnehmung ist. Die optische Ataxie ist auch bekannt als Dysmetrie. Sie zeichnet sich aus durch die mangelhafte Koordination von Bewegungen, typischerweise durch ein Übersteuern oder Untersteuern zu einer beabsichtigten Position der Hand, des Arms, des Beins oder des Auges. Sie wird manchmal als Unfähigkeit ,Distanzen zu beurteilen oder zu messen, beschrieben. Bálint erzählt von einem Patienten, der ein Stück Fleisch, das er mit einer Gabel in der linken Hand auf dem Teller hielt, schneiden wollte, dabei aber außerhalb des Tellers mit dem in der rechten Hand gehaltenen Messer nach dem Fleisch  suchte. Die Fähigkeit ein Objekt zu ergreifen ist ebenfalls beeinträchtigt.
Anatomische Läsionen die diese Symptome des Balint Sydroms verursachen
Die visuellen Probleme beim Balint Syndrom sind normalerweise eine Folge der Beschädigung des obersten Teils der temporal-occipital Lappens auf beiden Seiten des Gehirns. Die temporalen-occipitalen Areale gehören zu den lateralen und posterioren Teilen des Gehirns. Beim Bálint Syndrom, ist der superiore oder dorsale Teil der Parietallappen beider Seiten affiziert. Die Parietallappen sind die mittleren Teile der dorsalen Hirnaspekte. Normalerweise besteht eine bilaterlae Beschädigung des posterioren parietalen Kortex. Die Beschädigung und damit das Syndrom sind oft die Folge einzelner oder multipler Schlaganfälle, von Alzheimer Erkrankungen, intracranialen Tumoren oder Hirnerkrankungen; kurzum, von allem, was Schäden an den posterior-superioren Arealen des Parietallappens (BA7) verursacht.



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Warum ein 1 Kanal Training