Mittwoch, 15. Juli 2015

Praxis für Psychotherapie Heinz-Werner Bähr/Anke Piel/Heilpraktiker für Psychotherapie/Dipl.Psych
©ADD Centre LTD.: Biofeedback Institute Press 2003, Dr. THOMPSON 905-803-8066 Canada
Erste Fassung des Neurofeedback Book, 2003
Ein Vorwort der Autoren
Willkommen in der Welt des Neurofeedback. Einmal dort angelangt, wird es ihnen niemals mehr langweilig werden und sie werden freiwillig nicht mehr aufhören wollen zu lernen. Es gibt immer wieder neue Herausforderungen zu bewältigen, die einen erstaunen und demütig machen.

Wir wollen unsere Leidenschaft mit Ihnen teilen:
Biofeedback und Neurofeedback sind Möglichkeiten, die einem beliebigen Menschen dabei helfen, Fähigkeiten zur Selbstregulation zu erlernen, um seine Fähigkeiten besser zu entwickeln. Diese Möglichkeiten können auf zwei verschiedene Arten genutzt werden. Da ist zuerst der Trainingsgebrauch. Die Kandidaten  für diese Möglichkeit sind beispielsweise Studenten, Athleten und Menschen, die ihre Leistungsfähigkeit im Job, in der Schule, im Sport oder in den persönlichen Beziehungen verbessern wollen. Dieses Training wird vom Probanden selber erlernt, meistens nach Anleitung eines Trainers oder Lehrers, der eine Ausbildung im Bereich des Neurofeedback oder Biofeedback erhalten hat. Der zweite Gebrauch liegt im therapeutischen Bereich. Das Feedback unterstützt therapeutische Interventionen, die die Zielsetzung haben, dem Klienten Möglichkeiten zu eröffnen, Symptome zu überwinden oder Störungen und seelische Krankheiten auf neuen Wegen zu begegnen. In diesem Falle ist ein Therapeut der Ansprechpartner und Neurofeedback und Biofeedback sind Elemente des Behandlungsplans.

Wir wählen den Begriff Werkzeug für das Neurofeedback-, bzw. Biofeedbacktraining, weil die Möglichkeiten der Neurofeedback- und Biofeedbackgeräte Ähnlichkeit mit Fitnessgeräten haben. Neurofeedbacktherapeuten sind Anbieter von Trainingseinheiten für das Gehirn. Ein Fitnessgerät mag von manchen in einem Fitnessstudio oder in der Schule unter der Anleitung eines Trainers oder Coaches benutzt werden. Dieser sollte einiges Wissen über die richtige Anwendung des Fitnessgerätes besitzen, zusätzlich wäre es sicher sinnvoll, wenn es einen Trainingsplan eines erfahrenen Trainer gäbe, der im Hintergrund lenkt. Dem entspricht die erste, eher pädagogische Anwendungsmöglichkeit des Neurofeedback. Die zweite Anwendungsmöglichkeit, die ja im therapeutischen Bereich liegt, entspräche den Fitnessgeräten in einem Krankenhaus oder einer Klinik, in der ein Physiotherapeut bereit steht, um mit dem Patienten ein Rehabilitationsprogramm zu beginnen. Der Gebrauch der Hilfsmittel hängt von dem Ziel ab. Entweder trainiert jemand um seine Leistungsfähigkeit zu verbessern, oder er ist Patient und befindet sich in einer Therapie. In ähnlicher Art und Weise wird das Neurofeedback entweder zum Training oder zur Therapie von Patienten eingesetzt.
Ebenso wie bei Fitnessgeräten sollte man weder Bio- noch Neurofeedback eine unumschränkte Wirksamkeit zuschreiben. Die Ziele des Klienten verlangen manchmal nach anderen Techniken wie Meditation, Entspannungsübungen, Yoga, kognitivem Training, dem Erlernen metakognitiver Strategien, um nur einige Möglichkeiten zu nennen. EEG Biofeedback ist aber in jedem Falle effektiver. Die Trainingsdauer kann durch diese modernen Verfahren gegenüber den anderen, älteren Methoden deutlich verkürzt werden. Neurofeedback kann aber auch mit vielen anderen Methoden kombiniert werden.

Meistens benutzen wir in unserem ADD Zentrum das Neurofeedback im pädagogischen Bereich. Deshalb sprechen wir eher von Trainern, die einen Coaching Auftrag haben, als von Therapeuten, wenn wir davon reden, dass wir einem Studenten oder Klienten Selbst Regulation beibringen.
Themen wie das Alpha Theta Training, das in erster Linie von Therapeuten durchgeführt wird, werden deshalb in diesem Buch weniger diskutiert werden, als Methoden, die Aufmerksamkeit und Konzentration zu verbessern. Anspannung, Ablenkbarkeit, Mangel an der Fähigkeit die Aufmerksamkeit schnell zwischen weitem Fokus und engem Fokus zu wechseln, schlechte Organisationsfähigkeit und die Unfähigkeit zur Daueraufmerksamkeit haben einen erheblichen Einfluss auf Arbeit, Schule und Sport.
   Menschen zu einem flexibleren Hirn zu verhelfen, das es ihnen ermöglicht, einen Zustand der Ruhe, Aufmerksamkeit und Konzentration aufrecht zu erhalten, gehört zu unserer täglichen Arbeit im ADD Zentrum. Mittels Neurofeedback verhelfen wir unseren Klienten zu der Fähigkeit der Selbststeuerung. Wie wir das tun und warum wir das tun (die wissenschaftlichen Hintergründe) ist das Thema dieses Buches.


Ein Überblick über dieses Buch

Dieses Buch wurde geschrieben um dem Leser die Grundlagen des Neurofeedback zu erklären und ihm eine Anleitung zu geben, wie Neurofeedback in der Praxis angewendet werden kann. Auch wir wissen nicht, auf Grund welcher Mechanismen EEG Biofeedback letztlich funktioniert. Unser Feld ist ein Gebiet der Erfahrungswissenschaft, das auf Beobachtungen basiert. Es liegt aber eine komplexe Wissenschaft zu Grunde. In einem Schreiben an die AAPB Convention im Jahr 2000 betonte Dr. John Basmajian, dass wir keinen Grund haben, bezüglich unseres Feldes in eine Verteidigungsstellung zu gehen, weil das Feld durch solide Grundlagenwissenschaft gesichert ist. (Basmajian ist selber ein Pionier des Biofeedback, der bereits in den 60 er Jahren demonstrierte, dass es möglich ist, einzelne Moto Neuronen zu trainieren.) Man muss erkennen, dass das Wissen um neurologische Zusammenhänge schnell wächst und dass vieles von dem, was heute geschrieben wird, schon in Kürze als überholt gelten könnte.

Teil 1 beginnt mit Fragen. Was ist Biofeedback? Warum benutzt man das EEG? Welche Art des Lernens findet statt? Wie entsteht das EEG? Was kann im EEG beobachtet werden? Wie entdeckt der EEG Verstärker die gemessenen Informationen und wie stellt er sie dar? Neuroanatomie, die das Neurofeedback betrifft, beinhaltet Folgendes: Das Wissen um die Funktion der Synapsen, über Nervenbahnen, die Struktur des Gehirns, Grundsätzliches über die Pyramidenzellen, über inhibitorische Zellen und den Einfluss von subkortikalen Strukturen auf das EEG, aber auch einige Aspekte des Wissens um die Funktion der Ganglien und der Hirnlappen.

Teil 2 versucht die Frage zu beantworten, wie und warum Biofeedback (BFB) mit Neurofeedback (NFB) kombiniert wird. Dieser Teil des Buches erläutert wie ein Assessment (erste Einschätzung) am Beginn der NFB Sitzung durchgeführt wird, wie das Artefakting vonstattengeht und wie ein NFB Training geplant wird. Er beinhaltet außerdem die Erläuterung einer Stress Beurteilung, welche Sensoren dabei benutzt werden, was diese messen und wie als Folge der Einschätzung ein kombiniertes BFB (Biofeedback)und NFB (Neurofeedback)Training gestaltet wird. Es werden zusätzlich weitere Techniken angeführt, die den Lernprozess beschleunigen, mit besonderem Augenmerk auf die Technik der verbesserten Metakognition.

Teil 3 beinhaltet Informationen zum Forschungsdesign und der Erhebung statistischer Daten. Er wurde von unserem ältesten Sohn James Thompson verfasst, der ein Magisterstudium der menschlichen Physiologie absolviert. Er steht diesem Thema näher als seine Eltern. Das Verstehen von Basiskonzepten ist auf diesem Feld notwendig, nicht nur um selber wissenschaftliche Studien zu betreiben, sondern insbesondere um die wissenschaftlichen Arbeiten anderer einschätzen zu können. Wir wünschten uns, jeder Neurofeedbackanwender bliebe der wissenschaftlichen Neugier verpflichtet, die unser Fachgebiet erst ins Leben rief.

Die momentane und zukünftige Stellung des Neurofeedback

Unser Verständnis über den Platz des Neurofeedback in der Neurowissenschaft und selbst unser Wissen darüber wie es funktioniert, ist begrenzt.
Man könnte es mit Galileos Entdeckung vergleichen, dass die Erde sich um die Sonne dreht und das unsere Welt nur ein kleiner Bestandteil des Sonnensystems ist. Seine Ideen wurden bekämpft, aber nicht widerlegt. Sie wurden im besten Falle akzeptiert und erst später durch weitere Entdeckungen auf dem Gebiet der Astronomie bestätigt. Unser Feld befindet sich noch in einem  frühen Stadium, in dem vieles angezweifelt wird, aber es wird sich durchsetzen, ganz einfach, weil es funktioniert. Wir hoffen auf die Weiterentwicklung der Neurowissenschaft in der Hoffnung, dass deren Erkenntnisse zu einem tieferen Verständnis darüber führen werden, wie Neurofeedback funktioniert. Eventuell ergeben sich daraus noch effizientere Wege diese Technik zu benutzen.

Meines Erachtens wird Selbstregulation einen großen Teil der Medizin des 21 Jahrhunderts bestimmen. Zwei gewichtige Gründe führen mich zu dieser Annahme. Zuerst einmal sind erlernte Selbstregulationsfähigkeiten, die durch Neurofeedback und Biofeedback ermöglicht wurden, die Basis um viele Störungen, die von der Schulmedizin oder der traditionellen Medizin nicht behandelbar sind, zu überwinden. Zweites Argument sind die Vorteile für das Gesundheitssystem, das durch den Einsatz von Techniken, die den Menschen Selbstregulation beibringen, wesentlich kostengünstiger werden wird, weil das passive Warten des Menschen auf eine von außen kommende Hilfe wegfällt. Selbstregulation ist eine erlernbare Methode, die eine langanhaltende Veränderung zum Positiven bewirkt. Pharmakologische Interventionen sind im Gegensatz dazu nur wirksam, solange die Medikamente gegeben werden. Deshalb sind sie auf die Dauer sehr kostenintensiv. Selbstregulation zielt immer auf Gesundheit. Sie ist nicht am negativen Bild der Krankheit orientiert.

Warum wird Neurofeedback von manchen Menschen noch negativ beurteilt? Warum wird es in Fachkreisen manchmal ignoriert?  Einer der Gründe ist sicherlich, dass es in der Ausbildung der meisten Mediziner nicht vorkommt. Es ist ein gewaltiger Schritt für einen in Biochemie oder Neurologie ausgebildeten Mediziner, sich vom althergebrachten Denkmodell zu lösen und sich zu einem eher an pädagogische Konzepte erinnernden Verfahren wie dem Biofeedback oder dem Neurofeedback zu bewegen. Manchmal tut man sich schwer mit Dingen, deren Wirksamkeit man aus der eigenen Erfahrung nicht kennt. Es wird berichtet, dass die Eingeborenen Amerikas die Schiffe des Cortez nicht erkannten, weil ihr Auge nicht geschult war, riesige hölzerne Gebilde als Transportmittel für Menschen wahrzunehmen. Man muss wohl akzeptieren, dass Neurofeedback immer noch nicht ins Bewusstsein der meisten Menschen gerückt ist, aber seien sie versichert, das wird sich ändern. Das Internet trägt Informationen schneller um die Welt als alle wissenschaftlichen Publikationen bisher.

Wir alle haben die Fähigkeit unser Bestes zu geben. Das wird sich herumsprechen. Bemühen sie sich um jeden Klienten und behalten sie den Rat im Hinterkopf: es ist besser, wenig zu versprechen und viel zu erreichen.

Anmerkungen für den Leser

1. Die Begriffe EEG Biofeedback und Neurofeedback oder NFB sind Synonyme. Andere gebräuchliche Begriffe sind: Neurotherapie und ganz anschaulich: Brain Wave Feedback oder Gehirnwellenfeedback.
Wie auch immer die Bezeichnung lautet, gemeint ist die Beobachtung der elektrischen Aktivität des Gehirns eines Menschen um diesem die Informationen zu spiegeln, was sein Gehirn im Augenblick der Messung tut.

2. Der Begriff Biofeedback oder BFB wird benutzt, wenn die Informationen, die dem Klienten gespiegelt werden, von Prozessen stammen, die durch das autonome Nervensystem gesteuert werden oder von der Muskelaktivität. Muskelkontraktionen werden mit einem EMG Sensor gemessen. Andere gemessene Größen sind Temperatur, Herzrate, Atemfrequenz, Hautleitwert (electrodermal response oder EDR) oder das Gegenteil  der Hautwiderstand (GSR, galvanic skin response).

3. Vermutlich werden sie metakognitive Strategien benutzen, während sie dieses Buch lesen. Mit anderen Worten: sie überschreiten die Grenzen des Alltagsdenkens und Wahrnehmens und bedienen sich Strategien, die es ihnen ermöglichen, ihr Denken zu reflektieren und ihr Wissen darüber wie sie am besten Lernen und sich neue Informationen merken, anzuwenden. Um zu beginnen sollten sie aktive Lesestrategien entwickeln. Bevor sie sich der Lektüre dieses Buches widmen, überlegen sie am Besten, was sie aus diesem Text erfahren wollen und wie sie selbst einen solchen Text gestalten würden. Danach überfliegen sie die Überschriften und Kapitelbezeichnungen und denken sie darüber nach, ob das vorgefundene Konzept ihrem ausgedachten Konzept entgegenkommt. Drittens, führen sie sich noch einmal vor Augen, was der Zweck dieses Buches, gemäß der Absichtserklärung im Kapitel mit der Überschrift: Bemerkungen der Autoren, sein soll.  Viertes: Beginnen sie jetzt das Kapitel zu lesen, das sie am meisten interessiert. Während des Lesens könnten sie versuchen, sich Fragen zu überlegen, zu denen sie selbst die Antworten zu geben versuchen, entweder aus diesem Buch oder aus anderen, ihnen bekannten Texten. Diese Schritte sorgen für eine emotionale Auseinandersetzung mit dem Text, die enorm hilfreich ist, wenn man sich den Inhalt merken will. Sorgen sie dafür, dass sie ein persönliches Interesse daran finden, sich mit diesem Buch auseinanderzusetzen.




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