Vorbemerkung
zur zweiten Fassung des Neurofeedbackbuches
©ADD Centre LTD.: Biofeedback Institute Press 2003, Dr.
THOMPSON 905-803-8066 Canada
Seit dem Erscheinen des
ersten Neurofeedback Buches vor einem
Jahrzehnt wurden beeindruckende Fortschritte im Feld der angewandten
Neurowissenschaft und der Computertechnologie gemacht. Obwohl eine ganze Reihe
von hervorragenden Büchern in der Zwischenzeit zu diesem Thema veröffentlicht
wurden, - die meisten von verschiedenen Experten, die ihr Fachwissen auf
speziellen Gebieten des Neurofeedback Feldes mitteilten- existiert weiterhin
kein anderes Buch, das alles Wissen auf diesem Fachgebiet ähnlich bündelt und
damit einen Überblick über alle relevanten Informationen gestattet, die es einem Anwender ermöglichen, ein effektives Neurofeedbacktraining zu gestalten. Es gab eine große
Nachfrage nach einer zweiten Auflage die sowohl weiterhin die Grundlagen
beinhalten sollte, die aber ergänzt wäre durch weitergehende Informationen über
die Fortschritte sowohl in der Theorie als auch in der praktischen Arbeit und
in der Forschung unseres Fachgebietes, des Neurofeedback. Diese zweite Ausgabe
folgt der geistigen Zielsetzung der ersten Ausgabe indem sie das zur klinischen
Praxis notwendige Wissen in einem Format präsentiert, das Menschen, die gerade
damit beginnen, sich mit Neurofeedback zu befassen, ebenso dienlich ist, wie dem
erfahrenen Anwender von Biofeedback/Neurofeedback. Das bekannte Wissen über
Neuroanatomie, Entstehung des EEG, Elektronik und die Instrumente die das
Messen von psychophysiologischen Daten erlauben, ist immer noch gültig, es gab aber neue ergänzende
Forschungen und Fortschritte in der Theorie die neue oder tiefer schürfendes
Wissen über die funktionale Zusammenarbeit der verschiedenen Hirnregionen
lieferten.
Weitere Fortschritte gab es
im theoretischen Verständnis funktionaler Zusammenhänge, die zu neuen oder
verbesserten Behandlungstechniken führten. Es gab auch deutliche
technische Fortschritte im Feld des Neurofeedback. Das Feld ist zu umfassend,
um es in seiner ganzen Breite festzuhalten und wir waren teilweise gezwungen
Themen, die nicht wirklich bedeutsam oder notwendig sind, um ein gutes
Neurofeedback- oder Biofeedback Training auszuarbeiten, fortzulassen oder den
Leser auf ergänzende Informationen zu verweisen
Zur klinische Vorgehensweise
gibt es im Feld unterschiedliche Meinungen. Wir haben entschieden, uns auf Darstellung der
Trainingsmethoden zu beschränken, über deren Wirksamkeit Ergebnisse
wissenschaftlicher Studien vorliegen. Andere technische Möglichkeiten und
andere Trainingsmethoden mögen wirksam sein und bei Einzelfällen sinnvoll, doch
sollte abgewartet werden, bis ausreichende Forschu8ngsergebnisse vorliegen um
das Kriterium der wissenschaftlich belegten Wirksamkeit zu erfüllen. Darin
folgen wir den Grundsätzen der BCIA, (Biofeedback Certification International
Alliance)
Seitdem wir BCIA
zertifizierte Neurofeedbackkurse anbieten, kommt es fast zu einer Deckungsgleichheit
zwischen dem dort geforderten Wissen und dem hier präsentierten, wenngleich mit
einer etwas veränderten Reihenfolge und mit einigen Ergänzungen. Für den Fall,
das Textstellen weit mehr als Grundwissen verlangen, aber trotzdem für manchen
Leser interessant sein könnten, haben wir diese Textstelle kursiv
gekennzeichnet.
Das originale Lehrbuch präsentiert
das Basiswissen, das man zum praktischen Anwenden benötigt, inklusive
Neurofeedback und generellem Biofeedback, ergänzt durch ein Training in metakognitiven
Strategien. Die metakognitive Komponente bleibt auch in Zukunft ein wichtiger
Bestandteil unseres Neurofeedbacktrainings. Es hat die Funktion in jede
Trainingssitzung eine zielorientierte Aufgabe einzufügen. Beispiele solcher
Aufgaben werden im Kapitel über das Training metakognitiver Strategien
beschrieben, das gegenüber der ersten Auflage nicht verändert wurde Die
grundsätzlichen Beschreibungen der Entstehung des EEG und der elektronischen
Hilfsmittel, mit denen das EEG gemessen wird, wurden beibehalten.
Seit dem Erscheinen der
ersten Ausgabe wuchs aber das Wissen über neuronale Netzwerke und die funktionale
Zusammenarbeit verschiedener Hirnareale erheblich. Dementsprechend wurde das
Kapitel über funktionale Neuroanatomie erheblich erweitert. Es wird im
Zusammenhang mit dem internationalen 10-20 System der Elektrodenplatzierung und
der Funktion der Brodman Areale diskutiert werden. Mit der immer alltäglicher
werdenden Anwendung der Low Resolution Electromagnetic Tomography (LORETA) bei
der Suche nach Generatoren bestimmter Auffälligkeiten, während der Erstellung
eines 20 Kanal QEEG, wurde dieses Thema immer bedeutender für das Neurofeedback.
Auch das Thema Assessment (oder Beurteilung des EEG vor Beginn einer
Sitzung/Therapie), wurde ergänzt. Diese Ergänzungen betreffen den Einsatz von
LORETA Analysen, ERPs (ereigniskorrelierter Potentiale, event related
Potentials) und der Herz Raten Variabilität (HRV), die inzwischen ein
integraler Bestandteil der Beurteilung komplexer Probleme von Klienten geworden
sind, die beispielsweise von Kopfverletzungen betroffen waren.
Erwähnt werden muss die
Anwendung verschiedener neuer Behandlungstechniken wie das Z-Score
Neurofeedback, das auch als Training mittels vieler Oberflächenelektroden
durchgeführt werden kann und dem LORETA Z Score Neurofeedback, einem Training,
das ein 19 Kanal EEG Training mit der gleichzeitigen LORETA Analyse der
Generatoren, kombiniert. Das Training wird simultan anhand der Normwerte aus der Datenbank angepasst und geleitet. Auch Methoden wie das
tDCS (transcranial direct current stimulation) und das passive (pIR) HEG wurden
hinzugefügt, weil beide Methoden inzwischen durch Forschungsergebnisse in der
Wirksamkeit bestätigt wurden. Wir beschreiben wie diese Techniken
möglicherweise in eine klinische Arbeit eingebunden werden können. Dabei
versuchen wir uns an der Beschreibung, wie eine sorgfältige, gründliche
Befundung jedes Patienten zu einem multimodalen Trainingsansatz führen kann. Die
Beschreibung dieser Techniken wird durch klinische Beispiele ergänzt, die die
Anwendungsmöglichkeiten im Originaltext noch einmal ergänzen. Dementsprechend
hat das Neurofeedback Buch einen beträchtlichen Umfang an neuen Informationen,
die es dem Anwender erlauben, auf dem Laufenden zu bleiben.
Die Autoren versuchen,
ebenso wie in der ersten Ausgabe, jedes Kapitel so einfach wie möglich zu
erklären. Komplexe Theorien, Formulierungen oder gar mathematische Erörterungen
werden nicht angestrebt. Wer noch mehr in die Tiefe gehen will, kann das tun.
Das Neurofeedback Buch der
zweiten Ausgabe enthält folgende Themen: Die Brodman Areale und deren
Funktionen, neuronale Netzwerke: Kortex-Basale, Ganglien-Thalamo-Kortex Loops
(Schleifen) die den neuonalen Netzwerken zugrunde liegen, das autonome Nervensystem
soweit es die Herz Raten Variabilität betrifft. Verbindungen zwischen Amygdala,
Hypothalamus zum Stammhirn und deren Beziehung zu efferenten und afferenten
Nervenbahnen zum Herzen.
Zwischenbemerkung:
Einige Themen werden im Buch mehrfach angesprochen. Das ist teilweise aus dem
Grund geschehen, weil Wiederholungen sich besser einprägen. Teilweise war der
Grund aber auch, dem Leser zu ersparen, immer wieder zu bereits gelesenen
Kapitel zurück blättern zu müssen, um sich daran zu erinnern, was er in einem
neuen Kapitel an bereits gelesenen Informationen benötigt, um einer Diskussion
zu folgen. Der Leser wird bemerken, dass wir die Begriffe Klient und Patient
oftmals wechseln. Klient wird in Nordamerika verwendet, dieser Begriff ist im klinischen
Alltag Europas oder in Asien aber ungebräuchlich. Klient ist der umfassendere
Begriff, weil er auch Menschen umfasst, die keine klinische Diagnose gestellt
bekommen, sondern die ein Training beginnen, um ihre Leistungsfähigkeit zu
verbessern. Man hätte vielleicht den Begriff Schüler verwenden sollen, weil die
angewendeten Techniken zum Erlernen der Selbststeuerung nach einem Trainer und Lehrer
verlangen. Unser Ziel ist das Lernen und das beinhaltet Formung oder Coaching des Klienten.
Tatsächlich haben die Autoren immer den Wunsch verspürt Neurofeedback und
Biofeedback als Bestandteil des Unterrichtes an Schulen zu sehen..
Zusammenfassung
Unser
Feld der kombinierten Anwendung von Neurofeedback und Biofeedback basiert auf
den Tatsachen der funktionalen Neuroanatomie und Neurophysiologie. Quantitative
EEGs (QEEG) entweder als ein Kanal oder Mehrkanalanwendung, haben den Sinn,
mittels schneller Computer und Datenbanken Abweichungen des EEG von Normdaten
in Statistiken oder Graphiken sichtbar zu machen. Low Resolution
electromagnetic tomography (LORETA) erlaubt dem Anwender die Quellen dieser
Abweichungen im Kortex auszumachen. Diese Daten können mit dem Wissen des
Anwenders über die Funktionen der unterschiedlichen Brodman Areale und deren
Beziehung zu neuronalen Netzwerken (Thompson et.al, 2011,2015) dazu führen,
diesem zu ermöglichen, zu erkennen, ob eine bestimmte, abweichende
Frequenz mit den vom Patienten beschriebenen Symptomen zusammenhängt. Damit
helfen diese Daten dem Anwender zu entscheiden, ob eine Abweichung mit einem
kognitiven, motorischen, sensorischen oder emotionalen Problem verbunden ist,
oder ob es ein Anzeichen für eine besondere Stärke oder Fähigkeit des Patienten
ist, die man sicher nicht wegtrainieren sollte. Das QEEG kann auch zum Training
benutzt werden, indem es ein visuelles, auditives oder taktiles Feedback gibt,
um den Klienten darüber in Kenntnis zu setzen, inwieweit er seine Bemühungen in
die richtige Richtung lenkt, die sich im EEG als eine Annäherung an ein
optimaleres Level entspricht. Bitte behalten sie im Hinterkopf, dass der
Begriff "Normalität" mit Vorsicht zu gebrauchen ist. Das Ziel, ein
EEG zu normalisieren, kann in Frage gestellt werden. Was für den einen eine
optimale Veränderung ist, kann für einen anderen eher ungünstig sein. Eine
einfaches Beispiel: Einen Klienten, dessen gesamt IQ bei 85 liegt über ein EEG
Training zu Durchschnittswerten zu führen, dürfte erfolglos sein. es wäre aber
auch ein ziemlich verrücktes Ziel, für einen Menschen mit einem IQ von 130.
Das
Ziel eines kombinierten Neurofeedback- und Herz Raten Variabilitätstrainings
ist es, das zentrale Nervensystem dahingehend zu beeinflussen, dass der Klient
den Weg zu seiner optimalen Leistungsfähigkeit findet. Es ist wichtig, dass der
Anwender die neuroanatomischen Zusammenhänge wie das bewerkstelligt werden kann,
kennt. Aus diesem Grund legen wir in dieser Ausgabe gesteigerten Wert auf die
Darstellung der funktionalen Neuroanatomie.
Der Leser wird bemerken, dass wir
in unserer Beschreibung eines guten Trainings Neurofeedback nicht als Stand Alone
Technik preisen. Wir verstehen, dass die
Forschung versuchen muss, die Wirksamkeit des Neurofeedback ohne den Zusatz
anderer therapeutischer Maßnahmen zu erforschen, aber wir
sind der Meinung, auch in der Forschung sollte registriert werden, dass man in Studien nicht
das Neurofeedback erfasst, wie es gewöhnlicherweise in der Praxis angewendet
wird. In der Praxis wird es immer kombiniert mit der Arbeit eines guten Therapeuten,
Lehrers oder Coachs, der spezielle metakognitive Aufgaben und Strategien
einbindet, plus anderer Biofeedbacktechniken wie der Herz-Raten Variabilität.
Es gibt auch andere Faktoren, die Berücksichtigung finden wie Diät, Schlaf und
diverse Übungen. Die positiven und negativen Ergebnisse bestimmter
wissenschaftlicher Studien zu diesem Thema müssen auch in diesem Kontext
betrachtet werden
Andererseits gibt es unzählige
Fallstudien die beides berücksichtigen, subjektive (Fragebögen) und objektive Daten (standardisierten Tests wie dem WISC oder WAIS) und
die damit die Wirkung der kombinierten Anwendung den Klienten besser
nahebringen. Wir als Anwender sollten systematisch Daten sammeln und diese
veröffentlichen, wenn sie uns zur Verfügung stehen.
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