Es wurde von Menschen geschrieben, die für sich in erster Linie einen Erziehungsauftrag reklamierten. Es ging ihnen um Lernen und Lernerfolge und um die Möglichkeit, diese durch ein EEG Training zu verbessern. Das passte zum Konzept meiner Praxis. Ich bekomme sehr viele Kinder zu sehen, deren Schwierigkeiten in der Schule auf Aufmerksamkeitsstörungen zurück geführt werden. Dem Neurofeedbacktherapeuten kommen bei bestimmten Lern- und Verhaltensauffälligkeiten schnell auffällige Aktivitäten in bestimmten Hirnregionen in den Sinn und speziell die neueren Techniken wie Loreta Training oder tDCS ermöglichen es dem Therapeuten ja, immer dichter an das Gehirn seines Klienten heran zu gehen.
Ich glaube, man muss in der Bewertung vieler Probleme vorsichtig sein und vorschnelle Antworten verneinen. Ich musste meine Diagnosen oft korrigieren und nahm das Kind und seine Probleme oftmals nach wenigen Wochen völlig anders wahr: viele Aufmerksamkeitsstörungen sind zum Beispiel die Folge einer mangelhaften Automatisierung basaler Wahrnehmungsfunktionen, die durch erhöhte Konzentration ausgeglichen werden. Diese These, die in Deutschland von dem zu Unrecht manchmal belächelten großartigen Fred Warnke aufgestellt wurde, hat sich in meiner Praxis sehr oft bestätigt. Manche Kinder, die als sehr auffällig beschrieben werden, zeigen im EEG aber nur geringe Auffälligkeiten. Erwartet würde bei Aufmerksamkeitsstörungen eine ungewöhnliche Aktivität frontaler oder präfrontaler Hirnbereiche, eventuell auch temporaler Bereiche. Oft sollte man eine Theta Erhöhung finden, eine frontale Alphaerhöhung oder High Beta Spindeln und doch zeigt das QEEG manchmal keine ungewöhnliche Aktivität. Deshalb führte mein therapeutischer Weg eigentlich dazu, dass ich jedes Kind und seine Problematik ganz individuell zu erfassen versuchte, wobei systemische Fragen ebenso Gewicht hatten, wie sensorische Verarbeitungsgeschwindigkeit, Merkfähigkeit, Motorik etc, Oft waren aber auch negative Schulerfahrung im Hintergrund, die erst im Laufe der Zeit berichtet wurden, oder Ängste, die die Schule betrafen, Mobbing durch andere Kinder, negative Bewertung durch die Lehrer etc. Neurofeedback ist in meiner Praxis auch in solchen Fällen Mittel der Wahl, aber immer nur Teil der Therapie. Das Kind soll in der Lage sein, seine Aufmerksamkeit bewusst zu steigern und zu bemerken, wenn es nicht aufmerksam ist. Bei schweren Aufmerksamkeitsstörungen, bei Aspergersyndrom und anderen Störungen kann ein intensives, reines Neurofeedbacktraining angezeigt sein und so wird es bei mir auch praktiziert. In der Regel handelt es sich aber um Kinder, die auf vielfache Art und Weise mit negativen Spiegelungen des Umfeldes konfrontiert waren und die als Antwort bestimmte Verhaltensmuster zeigen, die die erfahrene Verunsicherung kompensieren. Es ist oft schon ein Erfolg, wenn das in Beziehung Treten zum Trainer ohne Angst und sogar mit Freude erfolgt. Ich bin nach der Lektüre des zu übersetzenden neuen Neurofeedback Buches der Thompsons versucht, wieder auf den Pfad der Wunderwaffen zurück zu kehren. Das Neurofeedback hat sich entwickelt. Thompson berichtet davon, Doerthe Klein hat mir eben davon berichtet. Man schaut nun tiefer, mitten in die Hirnstrukturen hinein, man erkennt Regionen, die mit Symptomen korrelieren. Es gibt fast futuristisch anmutende Möglichkeiten, wie das LENS Verfahren von Lens Ochs oder vergleichbaren Entwicklungen, die auf eine Manipulation der Hirnfunktion hinaus laufen, ähnlich dem tDCS. Juri Kroptotov sagt in einem seiner Bücher, dass er glaubt, dass man alle psychischen Krankheiten eventuell so behandeln könne.
Axel Kowalski hat ja mit der Home of attention Software für das Neurosky Gerät ein Heimtraining entwickelt, das leider zu Hause selten durchgehalten wird. Ich mag die fast spielerischen Grafiken der miteglieferten Apps. Meinem Gefühl nach muss sich alles leicht anfühlen, wenn man bei einem leistungsschwachen, kozentrationsgestörten Kind oder Jugendlichen Veränderung erzielen will. Deshalb habe ich auch das SCP Training gestoppt, das im Grunde ja sehr leicht durchführbar ist. Der Proband hat eine klare Aufgabe: reines Aktivieren und Deaktivieren in 3 mal 40 8 Sekunden dauernden Trials. Diese Klarheit ist gut für ein Forschungsprojekt, aber ganz schlecht für das Üben mit 8 jährigen Kindern, die letztendlich als integraler und zentraler Bestandteil eines lebendigen Prozesses betrachtet werden müssen, der in einer Perrsönlichkeitsentfaltung gipfeln soll. Thompson hat gute Erfahrungen mit den neuen Möglichkeiten gemacht und belegt diese durch Statistiken. In jedem Falle lassen die neuen Techniken der Neugier uind der Selbstentfaltung des Therapeuten Raum, der sich in einem ungeheuer wichtigen und zukunftsweisendem Feld bewegt. Ich werde nicht darum herum kommen, mit zu rüsten, werde aber mein offenes und flexibles Vorgehen nicht gegen eine starre Übertechnisierung eintauschen.
Ich bin offen für jede Kritik. Also freue ich mich auch über jeden Diskussionsbeitrag. Ab morgen übersetze ich weiter.
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